Von Kris Holm und seinen Parts in den ersten New World Disorder Filmen inspiriert wurde Lutz Eichholz zum Municycle-Profi und machte sich mit Wettkampferfolgen, TV-Auftritten und Reisen wie sein Dolomiten-Abenteuer mit Stephanie Dietze einen Namen. Warum der in einer TV-Sendung ohne sein Wissen auf chinesischen Statisten hopste und wie er als MTB-Fahrer den Einradsport sieht, lest Ihr im mtb-zeit.de Interview!
Stell dich bitte mal kurz den Lesern vor, die dich und deine Story noch nicht kennen.
Mein Name ist Lutz Eichholz und ich fahre schon ziemlich lange Einrad. Am meisten Spaß macht es mir an Spots zu reisen, an denen möglichst noch nie jemand mit dem Einrad war. Highlights bis jetzt waren die Überquerung der Zugspitze, die Abfahrt von einem 3000 m Berg in den Dolomiten sowie ein Video-Trip nach Marokko. Nebenbei studierte ich noch Raum und Umweltplanung in Kaiserslautern.
Was macht dein taugliches Muni (Mountain Unicycle) aus und was muss man dafür investieren?
Bis auf andere Pedale fahre ich ein ganz normales Kris Holm 24er Rad. Investieren muss man dafür im Vergleich zu Mountainbikes recht wenig, beim AJATA Einradversand gibt es das Rad in der Standard-Ausführung ab 400 €.
Viele Biker kennen Muniycycling kaum – was gibt es da für eine Szene und Hersteller?
Die Einrad Szene ist dadurch, dass sie noch so klein ist, ziemlich familiär. Man trifft auf Wettkämpfen und Conventions immer wieder die gleichen netten Leute. Die Treffen finden weltweit statt, was dafür sorgt, dass viele Einradfahrer durch die ganze Welt reisen um ihren Sport auszuüben und auch auf der ganzen Welt Freunde haben. Innovativster und ältester Hersteller ist die Firma Kris Holm Unicycles aus Canada. Ansonsten gibt es noch Qu-Ax bzw. QX aus Deutschland, Koxx-One und Impact aus Frankreich sowie einige Marken mit spezielleren Produkten wie Mad4One aus Italien.
Du fährst auch sehr viel MTB – welche Hauptunterschiede sind zwischen Municycling und Biken am deutlichsten zu spüren?
Durch das Wegnehmen vieler Komponenten verbindet das Einrad viel stärker mit dem Untergrund und sorgt dafür, dass man jede Wurzel wahrnimmt und individuell auf sie reagieren muss. Auf einfachen Strecken ist das Einrad langsamer und gerade bergab ist es bei solchen Strecken auch anstrengender zu fahren, weil man immer treten muss. Ansonsten ist ein Einrad im Vergleich wendiger, leichter, wartungsfreier und etwas schwerer zu fahren.
Liebst du Wheelies auf dem MTB oder fährst du nur auf deinem Einrad gerne ohne das zweite Rad?
Ich fahre auf Fahrrädern grundsätzlich nur auf dem vorderen Rad, hehe…
Wie stellt man es als Municycle an, sich bei Landungen etc. nicht an der Familienplanung weh zu tun?
Da ein Einrad sofort wegfliegt, wenn man von den Pedalen runtergeht, ist das eigentlich kein Problem. Ich federe große Drops mehr mit dem Rücken als den Beinen ab und sobald ich bis zum Sattel durchschlage fliege ich nach vorne runter, anstatt auf den Sattel gedrückt zu werden. Dadurch ist mir bei großen Sprüngen noch nie in der Richtung was passiert. Neuere Einrad Sättel sind aber auch deutlich besser gebaut als die alten „Bananen Sättel“.
Derbe Wüsten-Action und Drops von Lutz:
Extreme Unicycling 2010 Lutz Eichholz from Lutz Eichholz on Vimeo.
Wie bist du zu deinen Anfangszeiten in die Municycle-Szene hinein gerutscht?
Durch meine Schwester bin ich schon mit 9 Jahren einem Einradverein beigetreten, obwohl ich den Sport am Anfang gar nicht so sehr mochte. Dort wurden nur Einrad-Rennen und Einrad-Küren ähnlich dem Eiskunstlauf gefahren. Bei meiner zweiten Einrad-WM in China 2000 habe ich dann die extreme Einrad-Pioniere Kris Holm und Dan Heaton (Street-Einradfahrer) getroffen und wollte sofort auch anfangen so zu fahren.
Was war dein erstes Einrad und wie verlief dessen Lebensdauer?
Lange hatte ich nur das alte Rad meiner Schwester. Mein erstes eigenes Einrad dürfte dann ein 20 Zoll Modell für Tricks in der Halle gewesen sein, welches mittlerweile irgendwo verschollen ist, aber nie kaputt ging. Mein erstes extreme Unicycle bekam ich dann erst 2003, da es vorher in Deutschland keine zu kaufen gab. Das hat wegen damaliger Qualitätsmängel nur sehr kurz gehalten.
Was hat dich zu dieser Zeit an dem Sport so fasziniert? Sind das heute andere Dinge?
Mich faszinierte damals und auch heute die vielen neue Dinge, die man in kleineren jungen Sportarten machen kann. Es gibt noch so viele unbefahrene Abfahrten und sogar ganze Länder, in denen noch nie jemand mit einem Extrem-Einrad war.
Man sah Dich in Fach- und Mainstream-Medien viel von deiner Dolomiten Tour mit MTB-Fotograf Markus Greber – wie kam es zu diesem Abenteuer?
Seit ich, unter anderen mit David Weichenberger, die Zugspitze überquert habe, wollte ich das irgendwie toppen und bin durch viel Recherche auf den Cima Ombretta Orientale in den Dolomiten gekommen. Dank Adidas Outdoor konnten mich bei dem Projekt Markus Greber als Fotograf und Martin Hanisch als Kamera man begleiten, die mir beide von Planet-Talk empfohlen wurden. Es war für mich sehr interessant mit zwei Profis zusammen zu arbeiten und ich bin sehr froh über das Ergebnis.
Dolomiten Unicycling Extreme:
Welche anderen bemerkenswerten Reviere hast du bisher mit dem Muni besucht?
Einrad gefahren bin ich schon auf allen fünf Kontinenten. Am besten waren sicherlich Trips nach Neuseeland, Marokko oder verschiedene asiatische Städte, wobei ich auch immer wieder gerne in den Alpen bin und mich oft ärgere, dass ich nicht direkt an ihnen wohne.
Was hast Du für die Zukunft weiter geplant?
Ich denke, dass im Einradsport noch sehr viel Potential steckt und will selbst dazu beizutragen ihn weiter zu pushen. Am meisten Spaß macht es mir gerade überall auf der Welt Hindernisse zu finden, die an meinem Limit liegen, meistens noch nie von Einradfahrer und manchmal sogar noch nie von Fahrradfahrern befahren wurden. Es macht mir aber zusätzlich auch großen Spaß mit meiner Trial Show aufzutreten, was gerade in asiatischen Ländern sehr interessant ist.
Welche bekannten MTB-Profis bewunderst du aktuell am meisten und warum gerade die?
Mein älterer Bruder hatte früher ein Poster von Hans Rey an seiner Wand und ich bin immer wieder davon beeindruckt, was Hans früher geleistet hat und noch immer leistet. Da meine ersten Bike-Filme NWD 1 & 2 waren (die ich durch ihre Vielfalt immer noch am sehenswerten finde), bewundere ich fast alle Fahrer aus diesen Filmen. Ansonsten fallen mir, gerade weil ich viel Einrad-Trial fahre, noch Ryan Leech und Danny Macaskill ein.
Welche Einflüsse aus der Einrad-Szene haben dich denn am meisten geprägt?
Kris Holm hatte durch seine Parts in NWD definitiv einen großen Einfluss auf mein Fahren. Dadurch, dass ich aber ursprünglich aus dem Ruhrgebiet komme, lasse ich mich auch sehr viel von Einrad- und Zweirad-Street- Fahrern beeinflussen. Eigentlich mache ich immer das, wo ich gerade am meisten Bock drauf habe. Ich finde es ziemlich gut, dass zu dem Zeitpunkt wo ich mit Extrem-Einradfahren anfing, noch alle Disziplinen (Muni, Street und Trial) so nah beieinander lagen, dass es ganz klar war alle auszuüben.
Körperliches Training ist für Extremsportler besonders wichtig. Was an Training musst du in der Woche absolvieren?
Wenn ich nicht gerade reise, versuche ich jeden Tag zweimal zirka zwei Stunden Sport zu machen. Dabei wechsel ich zwischen Einrad-Trial, Einrad-Downhill, Slacklinen, Bouldern und Mountainbiken. Einen festen Trainingsplan habe ich nicht und wenn ich zu lange feiern war oder andere Verpflichtungen habe, kann auch mal ein Tag wegfallen. Allgemein versuche ich mehr oder weniger auf meinen Körper zu hören und zum Beispiel nach einer sechs Stunden langen MTB Tour am nächsten Tag nichts zu machen, was sehr auf die Beine geht.
Einradeln wurde bei dir vom Hobby zum Beruf – sehnst du dich manchmal nach der unbeschwerten Zeit, wo es “nur” ein Hobby war ganz ohne Druck etc.?
Durch mein Studium der Raum und Umweltplanung habe ich Einrad nie als Job gesehen und sehe es auch heute noch eher als Hobby, mit dem ich glücklicherweise Geld verdienen kann. Natürlich habe ich trotzdem etwas mehr Druck als früher, nutze den aber um mich zu motivieren und bin drum eigentlich ganz froh drüber.
Lutz Eichholz im TV-Interview:
Was hast du für deine Terminplanungen für 2013 in Sachen Mountainbiken so vorgesehen – trifft man dich auf größeren Events?
Auf Fahrrad-Events bin ich leider nicht so oft, da ich durch Auftritte, Einrad Wettkämpfe und meine Projekte oft wenig Zeit habe. Vor ein paar Jahren war ich aber mal bei einem Worldcup in Willingen und fände es ziemlich gut, wenn das im nächsten Jahr vielleicht mal wieder klappt.
Was steht so alles auf deiner “Bike/Municycle-Erlebnisse, die ich in meinem Leben abhaken möchte”-Liste?
In der Geburtsgegend des Freeride-Mountainbikens und Mountainunicyclings rund um Vancouver und Whistler war ich noch nie, was definitiv geändert werden muss. Ansonsten war ich auch noch nie in Südamerika, wo es auch sehr schöne Berge geben soll. Nähere Ziele wie die Schweizer Alpen oder die Pyrenäen haben aber einen genauso großen Reiz.
Verletzungen bleiben im Extremsport-Bereich ein Thema. Was hast du dir da bisher so zugezogen?
Obwohl man beim Einrad fast immer auf den Füßen landet, bin ich leider trotzdem nicht von Verletzungen verschont geblieben. Spontan fallen mir ein sehr langwieriger Bänderriss im Sprunggelenk, ein gebrochener Fuß, sowie ein heftiger Sturz auf den Helm/Kopf beim Streeten ein.
Wo liegen deine Lieblings-Reviere für’ MTB und für Unicycle-Touren?
Direkt in der Nähe von meinem derzeitigen Wohnort Kaiserslautern fällt mir fürs Einrad leider wenig ein. Der Pfälzer Wald ist jedoch perfekt für lange Mountainbike-Touren, die landschaftlich sehr schön sind und immer wieder auch fahrtechnisch etwas schwerere Stellen haben. Weiter weg gefallen mir die Dolomiten sehr gut, wobei ich in so technischem Gelände mit dem Zweirad keine Chance habe und darum bis jetzt nur mit dem Einrad dort war.
Welches Erlebnis bei einem Reisetrip wirst du nie vergessen?
Am krassesten fand ich es, als ich beim chinesischen „Wetten Dass…?“ in Peking den Bühnenmitarbeitern gesagt habe, dass sie meine Hindernisse beschweren müssen. Als ich nicht im Studio war, haben sie diese Arbeit super erledigt. Nachdem ich erst zu Fuß und dann mit dem Einrad auf den Kisten rumgesprungen bin, war ich sehr überrascht, als aus jeder Kiste Chinesen rauskamen. Die hatten dort als lebende Beschwerer im Dunkeln völlig still ausgeharrt während ich oben drauf herumsprang.
Was war das eindrucksvollste Bike-/Einrad-Erlebnis das du je mitgemacht hast?
Immer wenn ich etwas schaffe, von dem ich vor ein paar Jahren noch gedacht habe, dass es unmöglich sei, überwältigt mich das sehr. Das kann das Landen von einem großen Drop wie der ca. 5m Drop in Marokko sein oder die Fahrt über eine Slackline!
Welche Sportarten neben dem Einradfahren & Biken praktizierst du noch so?
Klettern (fast nur Bouldern), Slacklinen, im Sommer ab und zu mal Beach Volleyball und dann noch ein paar Sportarten, die ich ab und zu mal im Urlaub mache wie Snowboarden.
Schnellschüsse:
Dein Lieblingsprodukt aller Zeiten im Radsportbereich?
Das Schoner erfunden wurden hat mir schon einige Schmerzen erspart.
Was ist die wichtigste Lektion, die das Leben dich gelehrt hat?
Durchhaltevermögen lohnt sich.
Was führt dich in Versuchung?
Lines die Biker für Einräder als unmöglich einschätzen (manchmal mit schmerzhaften Konsequenzen!)…
Was macht dich glücklich?
Gutes neues Essen in unbekannten Ländern.
Dein größter Erfolg?
Bis ich aufs Einrad ohne Hilfe aufsteigen konnte, hat es bei mir sehr sehr lange gedauert. Als es dann endlich klappte, war es sicherlich einer meiner größten Erfolge.
Deine größte Angst?
Abzustürzen!
Danke für das Interview und weiterhin viel Spaß und Erfolg!
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