Als zweifacher Deutscher Meister (Masters Klasse) ist der Team-Chef der ACTON-Stars ein bunter Hund in der Race-Szene und engagiert sich sehr für den Nachwuchs. Für mtb-zeit.de berichtet Bonne von seinen Lieblingsrevieren – im passenden Interview dazu kann man derweil mehr über den sympathischen Vollblut-Biker erfahren.
Wo ist dein Topspot zum Biken (ganz egal wo auf der Welt), wenn du für dich selbst Spaß haben willst?
Das kommt darauf an, was ich will. Wenn ich mich auf Rennen vorbereite direkt bei mir zu Hause und zwar das ganze Jahr über. Die XC-Strecke „Pracht“ des Rheinland-MTB-Cups ist keinen Kilometer von meiner Haustür entfernt. Die Höhen des Siegtals im Windecker Ländchen und rund um die Nister sind ideal für das Cross-Country-Training. Die Anstiege und Trails sind sehr abwechselungsreich. Konditionell und fahrtechnisch ist alles zu finden.
Der schönste Ort zum Biken mit den Freunden ist sicher in Italien! Das liegt natürlich am guten Essen. Mein Favorit ist hier ganz klar in Ligurien! Gardasee ist auch schön, aber in Ligurien gibt es das Team von „Finale Freeride“ in Finalborgo. Die haben ein perfektes Konzept! Die shutteln dich in eine MTB-Traumwelt aus extra fürs Biken angelegten Traumtrails und auch um das Mittagessen kümmern die sich. An einem Tag kommen da über 50 km und über 5000 Höhenmeter Downhill zusammen. Nach so einem Tag brauche ich einen Ruhetag – obwohl ich ja kaum hochfahren musste.
Der Schwierigkeitsgrad der Trails in nur an manchen Stellen grenzwertig, aber wenn man die Basics beherrscht, gibt es immer eine fahrbare Linie. Die beste Position ist direkt hinter dem Guide, solange er dich nicht abhängt.
Diesen Sommer geht es nach der DM in Bad Säckingen, wenn das Wetter hält, nach Graubünden oder Livigno. Insgeheim hoffe ich, dass es in Alpen regnet und kalt ist! In Ligurien scheint eigentlich immer die Sonne im Juli!
Welche Racestrecken sind deine Favoriten?
Natürlich da, wo ich große Erfolge gefeiert habe und langsame und technisch schwere Abfahrtensind, wo andere absteigen und schieben, wie zum Beispiel in St. Märgen im knöcheltiefen Schlamm 2009, als ich zuletzt Deutscher Meister wurde. Betzdorf, Pracht, Bad Salzdetfurth, Hausach, Heubach und Houfflaize (nur trocken) gefallen mir auch sehr gut. Schnelle DH´s, wenn als klappert und man sich nur festhalten muss, mag ich nicht so. Die früheren Strecken des Eifel-Mosel-Cups in Mehring waren genial. Wenn der zuständige Förster selbst Biker ist gibt es keine Grenzen mehr, alles ist umsetzbar.
Nun mehr Fragen zu deiner Person: Du hast relativ spät angefangen, ambitioniert zu biken. Wie bist du zum MTB-Sport gekommen?
Nach meinem Abitur und einer Lehre als KFZ-Mechaniker habe ich mich entschieden Lehrer zu werden. Ich habe dann sechs Jahre in Aachen studiert und mein Staatsexamen absolviert. Während dieser Zeit habe ich viel zunächst Fußball gespielt, bis mich ein Kumpel im Jahr 1995 mit zum Biken geschleppt hat. Er hatte ein neues Stevens-Bike, während ich auf einem schweren Leihrad unterwegs war. Am Berg ist er dann weggefahren und musste oben warten – nach dieser Erfahrung entschloss ich mich, mir ein eigenes Bike zu kaufen, was ich im gleichen Sommer dann auch tat. Mit meinem selbst erarbeiteten Geld holte ich mir ein Scott-Bike für 1600 D-Mark. Als meine Kumpels dann nach Münster wechselten war ich mit dem Bike alleine und fuhr viel im Aachener Stadtwald. Dies war mir zu dieser Zeit sehr wichtig und gab mir viel Halt während des lernintensiven Studiums.
Wie bist du vom Freizeit-Biker zum siegeshungrigem Rennfahrer geworden?
Mein erstes Rennen bin ich 1996 gefahren und habe den Zehnten Platz erreicht, also von 40 Startern (grinst). Im Folgejahr war ich dann bei zwei Rennen am Start und im Jahr danach dann sechs Mal – ab 1999 wuchs die Zahl der Rennen dann auf über 25 Stück. Als ich anfing mit den Rennen, war Jan Ullrichs Tour-Sieg ein wichtiger Einfluss. Schon als Kind habe ich zu den Radprofis aufgeschaut und bin dann auf dem Weg zum Tennistraining immer über Umwege geradelt. Damals wusste ich natürlich nicht, welche Rolle der Radsport einmal für mich spielen wird. Während des anstrengenden Studiums machte mich das Biken erstmals richtig glücklich und gab mir das Gefühl, das Richtige zu tun und selbständig zu sein.
Hattest du während deiner Anfangszeit schon Sponsoren und Unterstützer?
Ganz wichtig war mein Kumpel Ralf Below, der mich zu etlichen Rennen in seinem Auto mitgenommen hat, obwohl dies einen erheblichen Umweg für ihn bedeutete. Von 2000 bis 2005 wurde ich von Ghost Bikes gesponsert, es begann mit einem Co-Sponsoring und entwickelte sich kontinuierlich weiter. Mittlerweile fahre ich für Poison Bikes, die mir sehr gute Räder stellen.
Wann hast du gemerkt, dass du mehr kannst als nur mitzufahren?
Ich habe ja schon recht früh kleinere Siege eingefahren, zum Durchbruch kam es jedoch erst mit den ersten Erfolgen in der Lizenzklasse. Vorher habe ich gerne ausgiebig gefeiert, also auch vor den Rennen. Das ging soweit, dass ich mich einmal während des Rennens übergeben musste (lacht). Die Anfahrten zu Rennen habe ich teilweise mit dem Rad zurückgelegt und war am Start dann nicht mehr ganz frisch. Um meine vielen Siege erreichen zu können, musste ich etwas ändern. Meine Erfolge im sportlichen Wettkampf haben mir viel Erfahrung und Selbstbewusstsein gegeben, also auch für das Alltagsleben. Als hauptberuflicher Lehrer kann ich zwar während meiner Dienstzeit durch mein selbst entwickeltes Fach „Handwerk, Sport und Kommunikation“ viel Zeit mit dem MTB verbringen, kann aber als Rennfahrer nur 80 Prozent des Möglichen leisten, da die Trainingsfahrten mit den Schülern andere Schwerpunkte haben als mein eigenes Training. Das ist aber okay, wenn die dann die Siege einfahren.
Was war dein sportliches Highlight während deiner bisherigen Karriere?
Zunächst sicherlich mein erster Sieg bei den Deutschen Meisterschaften in Wetter an der Ruhr 2007. Ich startete damals noch in der Master-1-Klasse. Der erneute Gewinn 2009 steht dem natürlich in Nichts nach. Überschwänglich vor Glück feierte ich mit Max Friedrich (Gewinner DM 2009 Master-1) bereits in der Umkleide, als wir auf die Dopingprobe warteten. Der Hauptsponsor der DM, Rothaus (Anm. d. Red.: Getränkehersteller), hatte für jeden Sieger ein gefülltes Zwei-Liter-Weizenbier ausgegeben. Was das bei zwei durchtrainierten Sportlern, die gerade ein Rennen gefahren sind und nur wenig gefrühstückt hatten, für Auswirkungen hat, kann sich sicherlich jeder vorstellen. Wir hatten natürlich Betreuer, die uns nach Hause gefahren haben. An die Rückfahrt kann ich mich aber nicht mehr erinnern, Max denke ich auch nicht … (Bonne lacht).
Bekommst du als Racer Gehalt für deine Siege?
Häufig bekomme ich bei den Rennen Sachpreise als Siegprämien, die ich jedoch dann an meine Schüler weiterverschenke. Meine Sponsoren stellen mir als Racer das benötigte Material. Als Organisator einer eigener MTB-Rennserie, dem Rheinland-MTB-Cup, bemühe ich mich stetig Geldgeber von der Rennserie zu überzeugen, sodass sie sich für unseren Sport engagieren. Die Wirtschaftskrise hat aber auch hier gravierende Auswirkungen.
Wo liegen die Probleme bei der Nachwuchsförderung im deutschen MTB-Rennsport?
Einerseits fehlt es meiner Meinung nach an Vorbildern, denn Mountainbiken ist gesellschaftlich noch nicht wirklich etabliert, da es zu wenig Präsenz in den Medien erhält. Im Vergleich zum Wimbledon-Triumph von Boris Becker verpufft Sabine Spitz‘ Sieg bei den Olympischen Spielen geradezu. Nur Insider aus der Szene kennen Spitz, während damals alle anfingen Tennis zu spielen.
Der andere Punkt ist, dass die jungen Athleten bei ihrem Wechsel in höhere Altersklassen regelrecht alleine gelassen werden. Da ihnen der Sport keine ausreichende Perspektive gibt, machen sie nebenbei eine Ausbildung bzw. ein Studium. Diese Doppelbelastung verhindert, dass die vorhandenen Talente international mithalten können. Viele lassen dann auch ganz vom Sport ab. Um die Behebung dieser Missstände müssen sich die Verbände kümmern.
Welche Strategie verfolgst du bei der Förderung von Jugendlichen?
Ich möchte mit meiner Arbeit Jugendliche zum Sport bewegen, denn dieser stärkt bei den Teenagern das Selbstbewusstsein und holt sie von der Straße oder der Playstation. Im Bike-Sport hat man im Vergleich zu Fußball und anderen Sportarten sein Schicksal in der eigenen Hand. Für meine Schüler deckt mein Unterricht gleich mehrere nützliche Bereiche ab: Gesundheit, Sport, handwerkliches Geschick und Technik sowie Arbeiten an Internetprojekten.
Bonne mal in zivil:
Wenn du bei einem Rennen am Start stehst und dich umschaust – glaubst du, dass auch in der Hobby-Szene gedopt wird?
Ich würde für keinen Athleten meine Hand ins Feuer legen. Grundsätzlich finde ich es jedoch unfair, dass Mountainbiken von vielen Leuten mit dem Straßenradsport unter einen Hut gesteckt wird – dabei sind es erst die Millionensummen im Rennradsport, die solche Doping-Praktiken möglich machen. In der XC-Rennszene kennt man sich untereinander gut und plötzliche Leistungsanstiege würden direkt auffallen. Ich glaube, dass hält viele von unerlaubten leistungssteigernden Mitteln ab. Bei mir selber wäre so ein Fall eh katastrophal: Als Lehrer und Rennfahrer würde ich meine Existenz komplett ruinieren.
Bekommst du den Unmut der Zuschauer über die Dopingskandale auch als Biker zu spüren?
Manchmal kommt ein Spruch, der dann halb ernst und halb spaßig gemeint ist. Aber wenn ich die Blicke der Leute sehe, habe ich schon manchmal das Gefühl, dass sie mich eventuell unter Generalverdacht stellen. Schließlich gewinne ich viele Rennen.
Was muss sich am XC-Sport ändern, damit das Format spannender für die Zuschauer wird?
Momentan ist es häufig so, dass im Rennverlauf ein starker Fahrer nach vorne fährt und dann auch gewinnt. Für viele im Publikum ist dieser Fahrer meistens auch keine bekannte Person. Zudem kommt die Steilheit mancher Streckenabschnitte auf TV-Bildern nicht rüber. Es müsste also wie beim Biathlon ein spannungsförderndes Element hinzukommen – also statt Schießen zusätzliche trialige, fahrtechnische Passagen, bei denen es für Fuß absetzen und andere Fehler Zeitstrafen oder ähnliches gibt.
Der MTB-Sport ist sehr vielseitig in seinen Disziplinen – wie siehst du die Entwicklung der einzelnen Spezialbereiche?
Unser Sport gliedert sich definitiv weiter auf und die Fahrer spezialisieren sich auf ihre Disziplin. Die Tage wo Mike Kluge an einem Wochenende XC- und Downhill im Worldcup gefahren ist, sind schon lange vorbei. Am ehesten miteinander verwandt sind meiner Meinung nach XC und Marathon. Für meinen Teil fahre ich auch gerne Freeride und will mir auch noch ein Dirtbike zulegen.
Wie beurteilst du die Grabenkämpfe zwischen den einzelnen Disziplinen?
Ich glaube das wird immer schlimmer. Dabei ist es schwachsinnig andere niederzumachen, in deren Disziplin man selber wohl nichts drauf hat. Gerade die Abwechslungsmöglichkeiten machen unseren Sport aus und bieten viele verschiedene Optionen für spaßiges Training. Mein Motto lautet da „Alles mischen!“ Mit meinen Kumpels versuche ich auf meinem Freerider auch mal Sprünge und Steilstufen und überwinde dabei meine Angst. Die lachen mich dann meistens aus, wenn ich mit aufgeblasenen Backen zum Sprung ansetze.
Weblinks: Team ACTON-Stars /// Rheinland-MTB-Cup
Back in 2010: Fürs Heimrennen in Pracht hatte Bonne Cheerleaderinnen am Wurzelsepp platziert:
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