Als Chefredakteur des beliebten Gravity-Magazins “FREERIDE” aus dem Delius Klasing Verlag versorgt Dimitri Lehner die Szene schon seit 2005 regelmäßig mit viel Lesestoff und tollen Bildern. Warum der Outdoor-Addict allerdings nicht zuviel Zeit im Internet verbringt, erfahrt ihr im Interview mit dem Surf-Fan aus Starnberg bei München.
Hi Dimitri. Stell dich bitte mal all den Usern vor, die dich und deine Story noch nicht kennen.
Ich bin 43, lebe in Starnberg mit Frau und Tochter. Ich hatte Sport in Köln studiert und schon immer gerne Sportmagazine gelesen. Daher bemühte ich mich nach dem Studium um ein Volontariat beim Surf-Magazin, denn Windsurfen war mein Lieblingssport. Leider gab es bei der SURF keine Stelle für mich, dafür klappte es bei der BIKE. Da blieb ich fünf Jahre bis ich die Chance bekam, ein Freeride-Magazin zu konzipieren. Ich versuchte ein Heft zu machen, wie ich es selbst gerne lesen würde. Jetzt gibt es die FREERIDE schon seit sieben Jahren und 28 Ausgaben.
Spaßgarantie: Bobby Root inspirierte Dimitri, den Manual zu lernen. Ein Move, der brutal viel Spaß macht.
Du begleitest die Freeride-Szene schon länger und trotz des Hypes sind Freerider im Vergleich zu Snowboardern etc. wenig präsent in den Medien. Woran liegt das und was kann man dagegen machen?
Da kann ich nur mutmaßen. Im Vergleich mit Snowboarden ist Freeriden viel jünger und Freerider haben es schwer, ein geeignetes Gelände zu finden. Die Bikepark-Landschaft steckt bei uns noch in den Anfängen. Vielleicht dauert es einfach noch etwas. Mit der FMB Wold Tour scheinen wir – was den Leistungssport betrifft – auf dem richtigen Weg, um mehr Medien-Präsenz zu bekommen.
Du selber mischt gerne verschiedene Fun-Sportarten. Wie sieht dein perfekter Sporttag aus?
Ein Tag im Whistler Bikepark ist schwer zu toppen, genau wie ein Tag Windsurfen bei Drei-Meter-Welle oder eine Kitesurf-Session in Shorts in Brasiliens warmen Atlantik. Wenn noch ein guter Freund dabei ist, mit dem man die Erlebnisse teilen kann, ist es perfekt. Es gibt aber auch perfekte Sporttage daheim, gerade jetzt bei so schön viel Schnee.
Du bekennst dich zu deiner leichten Midlife-Crisis – bereut man mit 40, dass man einige Dinge nicht gemacht hat oder wie ergeht es dir in dieser Hinsicht?
Sicher wünsche ich mir, dass ich einige Dinge gemacht hätte, die ich nicht gemacht habe. Und wenn man die 40 überschreitet, merkt man, dass das Leben doch nicht ewig dauert und man sich einige Wünsche eben abschminken muss. Das geht wahrscheinlich vielen so. Die Nummer „Mein Haus, mein Auto, meine Pferde und Pferde-Pflegerinnen“ interessiert mich eher weniger, mir geht es um Erlebnisse. Fliegen lernen, mit dem Segelboot über den Atlantik, mit Skiern übers grönländische Inlandeis, so etwas. Doch im Grunde bin ich glücklich und finde es albern, allem hinterher zu rennen, nur weil man meint, etwas zu verpassen.
Fahrwerkscheck: Beim hohen Drop in Leogang freut sich Dimitri über die Federwegsreserven des Trek Session 8.
Würdest du mit Anfang 20 lieber eine Biker-Karriere anstreben oder wäre der Schreibtisch da doch eher die sichere und bessere Perspektive?
Profi-Athlet ist einer der coolsten Jobs, die man sich vorstellen kann. Da können alle Bill Gates der Welt abstinken. Doch dafür muss man nicht nur talentiert sein, sondern braucht 100 Prozent Entschlossenheit. Dazu hatte ich nie das Zeug. Talent übrigens auch nicht.
Wie haben damals deine Bike-Kollegen reagiert, als du anfingst dich anders zu kleiden und verrückte Sachen runterzufahren?
Als der Freeride-Gedanke aufkam, sind viele der BIKE-Kollegen wie wild von jeder Kante und Mauer gedroppt und haben lieber Shorts angezogen. Da war ich nicht alleine.
Babes in Bikinis, Toys-for-Boys und Muskelaufbautipps – die FREERIDE liest sich manchmal wie ein Männermagazin. Deine persönliche Note oder eine Verkaufsstrategie angesichts der Hauptzielgruppe?
Sicher keine Verkaufsstrategie. Ich gehe da einfach von mir aus. Vielleicht ein bisschen zu sehr. Mich interessiert so ein Zeug und so nehme ich an, dass meine Leser ähnlich drauf sind und das witzig finden.
Welches Erlebnis bei einer Bike-Reise wirst du nie vergessen?
Mein erster Whistler-Trip. Bis dahin, wusste ich nicht, dass Bikepark-Fahren so viel Spaß machen kann.
Welches deiner Interviews mit Bikern hat dich am meisten amüsiert?
Josh Bender. Der Typ ist charismatisch und hat wirklich was zu sagen. Lustig fand ich, dass er von sich oft in der dritten Person spricht. „und Bender sprang einfach in die Tiefe …“.
Internetforen, Facebook und Twitter – Zeitverschwendung oder sinnvolle Angelegenheiten?
Hat alles seine Berechtigung, macht teilweise Spaß und ist unterhaltend. Wenn du stattdessen allerdings raus gehen könntest und einen Trail fahren, ist es Zeitverschwendung. Heftchen lesen dann aber auch.
Welche drei Bikevideos gehören zu deinen All-Time-Favourites?
Sprung 5, New World Disorder 8, Seasons. Und aktuell: Way Back Home von Danny MacAskill.
Was war der eindrucksvollste Bike-Stunt den du je gesehen hast?
Beides nur auf Video: Benders Jah-Drop in New World Disorder und der Todes-360er von Cam Zink bei der Rampage.
Mit welcher Profi-Bikerin würdest du gerne ein Wochenende in den Bergen verbringen?
Das hört sich an, als würde ich mit ihr im Herzblatthubschrauber in die Berge schwirren wollen. Aber Darcy Turenne ist witzig, intelligent und die Trailrides mit ihr waren lustig.
Die aktuelle FREERIDE gibt es im Handel oder als App:
Drei Dinge, die du an deinem Job magst?
Geschichten „ausdenken“, Abenteuertrips, dass ich was mache, worüber sich andere später freuen.
Drei Dinge, die dich an deinem Job nerven?
1. Bei Traum-Wetter im Büro den Hintern platt sitzen müssen. 2. Der E-mail-Wahnsinn. 3. Wenn es nicht wird, wie ich es mir vorgestellt habe.
Was wärst du, wenn du nicht als FREERIDE-Redakteur arbeiten würdest?
Sicher Jetpilot, Schatztaucher, Open-60-Segler oder sonst was total Spannendes. Nee, keine Ahnung!
Welches Bike bewegst du am häufigsten?
Einen Leichtfreerider: Ein gepimptes Trek Remedy mit 180er BOS Gabel und jetzt ganz aktuell das Rocky Mountain Slayer 70 mit 170er Dh-Lyrik drin. Gerne blase ich auch mit Big Bikes rum, doch da sind die Gelegenheiten leider seltener.
Was ist dein favorisierter Streckentyp?
Whistlers Dirtmerchant-Trail: viel Airtime, Step-ups, Drops, Table-Sprünge, Kurven – mehr Fahrspaß geht kaum.
War Dirtjumpen für dich jemals ein Thema?
Ich finde Dirtjumpen super, habe es auch schon mehrfach versucht, doch ich müsste viel Zeit und sicher einige Verletzungen investieren, um es jetzt noch zu lernen. Ich hab die Befürchtung, das wird nichts mehr.
Welches MTB-Festival besuchst du am liebsten?
Das klingt jetzt nach Eigenlob, doch das FREERIDE Festival hat mir gut gefallen. Weil alle, die da waren, selbst viel fahren konnten und nicht nur zuschauen. Und das BIKE-Festival am Gardasee hat viel Charme.
Abenteuersuche: Einmal im Jahr zieht Dimitri mit seinen Buddies los, auf der suche nach Supertrails. Hier auf Island.
Was war dein erstes Mountainbike?
Ein Raleigh USA Tangent von 1991. Es wurde mir vorm Cinedom-Kino in Köln geklaut. Die Schweine!
Hattest du früher Idole oder Vorbilder cnaclassesnow.net im MTB-Sport?
Hans Rey. Ich hatte mir damals gleich sein Trickbuch gekauft und war im Wheelie-Drop mit dem Starrbike (das Raleigh) von der Mauer gesprungen, dass der Hinterreifen durchschlug und ich heim schieben konnte. Später begeisterte mich Bobby Root mit seinen Speedwheelies so, dass ich so lange probierte, bis ich auch Manuals und Wheelies konnte. Das ist ein Move, der enorm viel Spaß macht. Da lohnt die Mühe, ihn zu lernen.
Was war für dich die wichtigste technische Entwicklung im MTB-Sport?
Vollfederung. Als die irgendwann das richtige Ausmaß annahm, hat’s richtig angefangen Spaß zu machen. Und kürzlich die Vario-Sattelstützen – super!
Dein Lieblingsprodukt aller Zeiten (aus dem Bike-Bereich)?
ODI Ruffian-Schraubgriffe: kleiner Durchmesser, straff, viel Grip. Und mein Deuter-Rucksack.
Dein größter Erfolg?
Mit Everest-Besteigung, Pulitzerpreis oder Kampfschwimmer-Abzeichen kann ich leider nicht angeben. Ich hab auch keine 20 Kinder aus einem brennenden Haus gerettet – leider. Mein größter sportlicher Erfolg war vielleicht, dass ich mal mit einem Sportkatamaran in der Lübecker Bucht lossegelte und nach 2500 Kilometern in St. Petersburg angekommen bin – damit hatte ich selbst kaum gerechnet.
Deine größte Angst?
Im Büro zu versauern und noch mehr emails zu bekommen.
Was sind deine Vorsätze/Ziele für 2012?
Öfter draußen sein. Mehr freeriden. Im Winter zum Surfen nach Maui fliegen.
Was war dein bestes Sporterlebnis im Jahr 2011?
Mit Buddies beim Freeride-Festival über den Hackelbergtrail blaßen – super!
Und dein privates Highlight 2011?
Dass es mir beim Gleitschirmfliegen gelang den zum Fullstall verknoteten Schirm wieder aufzukriegen und ich 100 Meter tiefer wieder aufhörte rumzutrudeln.
Was macht Dimitri Lehner in 10 Jahren?
Das ist ja bald. Hoffentlich auch noch, was ihm Spaß macht.
Dein aktueller Lieblingsfahrer unter den Bikeprofis?
Danny „Megaskill“ MacAskill. Der Typ tanzt auf seinem Bike. Und Bearclaw – das ist Rock ‚n’ Roll.
Welcher deutsche Fahrer kann in Marcus Klausmanns Fußstapfen treten?
Johannes Fischbach.
Welche Reise mit dem Bike ist dir besonders in Erinnerung geblieben?
Ein Trip nach Nelson B.C. Derek Westerlund zeigte mir dort den vielleicht besten Trail, den ich je gefahren bin. Epic!
Welchen Spruch sagst du zu häufig?
Dude!
E-Bikes sind… im Kommen. Ich persönlich brauch aber keins.
Slopestyle ist für mich… spannend und bei Wettkämpfen unterbezahlt
Deutsche Bikeparks sollten… sich an Whistler orientieren .
Danke für das Interview und viel Spaß für die Saison 2012!
Fragen: Marc Brodesser @ mtb-zeit.de // Dieser Artikel erschien bei MTB-News.de
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