Wenn man im Hartwald einen Biker mit einem Fingercolt ordentlich Hackengas geben sieht, wird man nicht ins Boxxhorn gejagt und braucht auch nicht beunruhigt die Hände hochreißen – es handelt wohl um einen Kunden des Bike-Shop-Besitzers und Rahmenherstellers Frank Reuber. Die ganze Story hinter der kleinen Marke erfahrt Ihr im mtb-zeit.de-Interview!
Weblinks: Homepage Reuber Bike /// Facebook-Page Reuber Bike
Hi Frank! Stell dich bitte mal all den Lesern vor, die dich und deine Story noch nicht kennen!
Also mein Name ist Frank Reuber, sitze jetzt seit 26 Jahren auf dem MTB und habe mich vor fast 20 Jahren mit einem Bikeshop selbstständig gemacht. Angefangen 1993 auf 12qm in der eigenen Garage , im Laufe der Zeit zusammen mit dem Sport weiter gewachsen und mittlerweile seit 2 ½ Jahren in dem neuen Ladenlokal in Dortmund-Wellinghofen beheimatet. Mein erster Kunde ist auch immer noch mein Kunde, was mich nach der ganzen Zeit natürlich sehr freut. Durch die Erlebnisse in den ganzen Jahren und die vielen Kontakte, die man mit der Zeit geknüpft hat, ist dann 2006 noch der Wille gereift, eigene Bikes zu konstruieren, die nach dem Grundsatz 100% Made in Germany entstehen und für den ultimativen Fahrspaß ohne Kompromisse stehen. Egal ob hoch oder runter und somit sind die Reuber-Bikes entstanden.
Du bist selber Biker – wie bist du in die Szene und den Sport hinein gerutscht?
Früher waren wir immer surfen. Wir hatten nur ein Problem, dass wir immer viel Flaute hatten und somit war die Zeit auf dem Brett nicht gerade üppig gesät. Unsere Frauen waren dann auch nicht immer über das Treiben erfreut und irgendwann kamen die ersten MTB´s auf die Bildfläche. Da wir immer Spaß an solchen Dingen hatten, kauften wir uns alle MTBs und somit nahm die Geschichte ihren Lauf.
Du bist seit über 20 Jahren in der Branche und Szene mit dabei. Was sind positive Entwicklungen, die du über die Jahre zu schätzen gelernt hast?
Da kann ich eigentlich nur sagen, dass wenn man mit null Komfort angefangen hat und heute sieht, wie sich die Bikes entwickelt haben, man eigentlich im Paradies angekommen ist. Das Problem ist nur für viele Menschen, dass sie mit den ganzen Dingen überfordert sind. Aber dafür bin ich ja dann da, um die Menschen zu beraten und ihnen das zu geben, was sie auch wirklich brauchen.
Welche Entwicklungen siehst eher kritisch?
In der heutigen Zeit bekommt man schnell das Gefühl, dass es nur noch um “Höher, Schneller, Weiter” geht und alles soll extrem sein. Für unsere Truppe hat sich in den ganzen Jahren nichts an unserer Einstellung geändert, nur unsere Möglichkeiten sind besser geworden. Aber in erster Linie geht es um eine gute Zeit mit Freunden auf dem Bike in schöner Natur und nachher zum Abschluß der Runde noch eine leckere Hopfenkaltschale mit den Kumpels.
Reuber Bike ist in erster Linie erstmal ein Bike-Shop. Wie kam dir damals die Geschäftsidee und wie verlief deine Erfolgsgeschichte dann weiter?
Angefangen hat alles damit, dass ich schon immer gerne geschraubt habe und somit habe ich am Anfang die Räder der Kollegen gewartet neben meinem normalen Job als Starkstromelektriker in Dortmund bei Hoesch auf dem alten Phönix-Stahlwerk. Als dann Anfang der 90er beschlossen wurde, die Stahlära in Dortmund zu beenden und meinem alten Arbeitsplatz zu einen See mit hochwertiger Wohnlage umzubauen, habe ich Chance genutzt und mich in die Selbstständigkeit gewagt. Damals war ich früh auf der Suche nach interessanten Rädern aus Deutschland und bin dann sehr früh mit Kalle Nicolai zusammengekommen und dann nahm alles irgendwie seinen Lauf. Ich hatte auch Bergwerk und Votec mit im Sortiment, wobei diese beiden Marken ja nachher einen anderen Weg eingeschlagen haben. Aber mit den Nicolai-Bikes fing eine ganz spezielle Zeit an und es gab so viele tolle Augenblicke, die einem erst durch so ein Interview erst wieder klar werden. Aber in meinem Laden war von Anfang an immer ein beliebter Treffpunkt von Bikerkumpels und Kunden, die sehr gerne miteinander in Kontakt treten und sich über ihre Erfahrungen austauschen. Für einen Shop-Besitzer gibt es keine bessere Atmosphäre zum arbeiten.
Wann hast du gemerkt, dass du mehr willst als nur die Bikes von anderen Herstellern zu verkaufen?
Durch die Gespräche mit vielen Kunden und Kollegen ist irgendwann der Entschluss gereift eine eigene Bikes auf den Markt zu bringen. Am Anfang durch die Unterstützung von Kalle Nicolai und mittlerweile ist das Prinzip Made in Germany bis zum Ende gedacht und die Hackengas Version 2.0 steht in den Startlöchern.
Was macht deine Bikes zu etwas besonderem?
Das ist etwas, was ich gar nicht beantworten kann, da das eigentlich von dem Kunden entschieden werden soll. Ich habe aber meine ganze Energie in meine Räder gesteckt, um Menschen den maximalen Spaß bei ihrer sportlichen Leidenschaft zu ermöglichen. Ich habe mal dazu von einem Kunden ein Statement bekommen, was es vielleicht ganz gut wiedergibt.
„Ich hatte jahrelang ein Fully gemieden, weil es mir zuviel Pflege und Kosten mitbrachte. Aber der Wunsch nach Komfort und mehr Sicherheitsreserven inklusive der Möglichkeit mehr Terrain zu befahren haben dieses Jahr gewonnen. Obendrein war es mein Wunsch ein Bike zu fahren, welches möglichst viel “Made in Germany” ist. Am genialsten fand ich die Worte von Frank “Pass auf, auf dem Bike steht Reuber drauf. Wenn irgendwas nicht ok ist, melde dich bei mir”. Ganz nach dem Motto, dafür stehe ich mit meinem Namen – und ein Reuber Kunde soll ein zufriedener Kunde sein. Und DAS bedeutet mir wirklich viel.
Hätte am liebsten ein zweites eingekauft für meine Freundin“
Dies ist eine Aussage, die mein Ansatz 100% wiedergibt!
Wie läuft das ab, wenn du eine Idee für ein Bike hast – vom ersten Konzept bis zum verkaufsfertigen Produkt?
Man hat über die ganzen Jahre Dinge an sehr hochwertigen Rädern gesehen oder auch selbst erfahren, die einem nicht gefallen haben oder sogar den Tag vermiest haben. Ich nehme da mal eine Anekdote aus einer Fahrt unserer Truppe nach Morzine. Ist schon ein paar Jahre her, aber es war ärgerlich, denn mein Biketag war beendet und meine Kollegen hatten bei besten Wetter noch grandiosen Spaß in Les Crosets und ich musste mit einer defekten Bremsleitung nach Morzine zurück und das auch noch auf Sparflamme. Da blutet das Bikerherz und danach schlug das Wetter um und wir hatten eine unterirdische Regenwoche. Kann man sich gar nicht vorstellen, wenn man es nicht selbst erlebt hat. Und solche Dinge haben dann dazu geführt, dass ich ein Bike haben wollte, wo ich diese Probleme nicht mehr bekommen werde. Und bis jetzt bin ich auf einem guten Weg, den Meinungen nach meiner Kunden, die sich für ein Reuber entschieden haben und das macht mich glücklich.
Was hast Du für die nahe Zukunft noch in Planung?
Die Weiterentwicklung der eigenen Rahmen, wobei man bedenken muss, dass ich aus einem Bikeshop heraus die Rahmen entwickle und der Shop die Haupteinnahmequelle meiner Selbstständigkeit ist. Somit kann man ganz sicher keine Vergleiche zu anderen Namhaften Herstellern ziehen, die jedes halbes Jahr etwas Neues auf den Markt bringen. Ein Reuber ist ein ganz spezieller Rahmen, der auch nur eine gewisse Käuferschicht ansprechen wird und er soll robust sein, aber ein paar Gramm leichter soll er in Zukunft noch werden. Und die Entwicklung der Getriebebikes habe ich auch immer unterstützt, aber diese Art ist auch sehr kostspielig und da muss man einfach die Zukunft abwarten.
Wie ist das Feedback der Kunden – wie vielen ist der teurere Preis im Vergleich zu den Bikes der Großhersteller wert?
Das ist ein ganz schwieriges Thema und ich bin in der glücklichen Lage, dass der Großteil meiner Kunden weiß, was sie wollen und die Leute, die ein Hackengas gekauft haben, fanden den Preis angemessen.
Welches der Reuber Bike Modelle hat die größte Fangemeinde?
Zu aller erst ist das Hände Hoch zu nennen, was aber auch daran liegt, dass mit diesem Rahmen die Geschichte ihren Anfang nahm. Mittlerweile ist das Hackengas160 als Allrounder immer mehr im Fokus und auch das Hartwald erfreut sich immer größerer Beliebtheit und das ist für mich natürlich schön zu sehen, dass meine Ansicht von Biken auch von anderen geteilt wird.
Wie sieht dein eigener Fahrstil aus?
Einfach Freeride! Aber ich weiß auch, dass der Fahrstil unserer Truppe nicht auf die breite Masse übertragbar ist. Für uns ist es normal mit einem Tourenhobel, die gut & gerne 15-16kg auf die Waage bringt, Runden zu fahren, die auch mal gerne um die 80 Km lang sind und dabei 2000 Hm im Profil haben können. Wir haben halt das Denken “Wo es steil bergauf geht, da geht es auf der anderen Seite auch steil bergab und Spaß macht beides“.
Frank Reuber & Friends auf einer ihrer ältesten Heimstrecken:
Spielen mit der Reuberbande! von WilliWildsau auf MTB-News.de
Welches deiner Bike-Modelle fährst du selber am liebsten?
Das Hackengas160 für unsere normalen Runden und das Hackengas220 für den Bikepark. Aber ich muss zugeben, dass ich nicht mehr der große Hardtailfahrer bin, da genieße ich schon den Komfort eines Fullys.
Wo liegen deine Lieblingsstrecken für’s Biken (einmal in der Nähe und einmal weiter entfernte)?
Weiter entfernt ganz klar Morzine und das ganze PDS-Gebiet. Ein Traum für Biker in Europa und wir waren schon 2000 das erste Mal dort unten und seitdem immer wieder mal vor Ort. Doch dieses Jahr werde ich noch mit einigen unserer Truppe Biker´s Heaven anfliegen und der Gegend um Whistler für 10 Tage im September einen Besuch abstatten. Ich habe unseren alten Kumpel Holger Meyer angerufen und ihm gesagt, er soll da mal was organisieren und jetzt sitzen wir alle ganz unruhig auf unseren Hintern und warten darauf, was uns dort geboten wird. In der Nähe sind ganz klar unsere Hausrunden zu nennen. Also das komplette südliche Ruhrgebiet von Schwerte/Dortmund bis Witten/Bochum. wo wir unsere Touren fahren und zur Nähe gehört da auch noch der Bikepark in Winterberg dazu, wo wir schon damals vor der offiziellen Eröffnung unsere ersten Abfahrten gemacht haben. Davon existiert sogar noch ein Bikevideo.
Welches Erlebnis bei einem Bike-Trip wirst du nie vergessen?
Da brauche ich nicht lange überlegen. Les Gets 2004 in dem Jahr, wo auch die WM dort stattfand. Wir waren eine ganze Woche wieder vor Ort und die ganze Woche lief es super bei mir und ich hatte ein Nucleon DH mitgenommen und fühlte mich total sicher. Am letzten Tag wollten wir wie immer noch ein paar schöne Aufnahmen für unseren Urlaubsfilm machen und standen am Sart der alten DH-Piste in Les Gets. Leider gibt es den oberen Teil nicht mehr, eine der besten Strecken, die man dort fahren konnte. Auf jeden Fall hatte ich die Helmkamera nach hinten montiert und 7 Verrückte hinter mir her. Wir hatten ein ordentliches Tempo drauf und auf einmal passierte es, in einer Linkskurve rutsche das Bike weg und mein Fuß blieb auf dem Pedal und dann weiß ich nur noch, dass ich im Schoß meines Kumpels Stefan lag und alle zu mir sagten, es wäre nicht so schlimm. Na ja, der Fuß war gebrochen und ich musste von der Bergwacht aus dem Berg geholt werden. Der Fuß wurde dann notdürftig gerichtet und wir sind sofort nach Dortmund zurück gefahren, weil meine Kollegen mich ins Krankenhaus bringen wollten und das hat auch ganz gut hingehauen.
Welche drei Bikevideos gehören zu deinen All-Time-Favourites?
Dazu muss ich sagen, dass ich gar nicht so viele kenne und wenn ich Feierabend habe bin ich auch froh, wenn ich mal ein wenig Abstand zu der Thematik habe. Aber klar gibt es auch Filme, die gerne sehe. Das sind aber eigentlich eher die älteren Filme. Und zwar NWD4, Kranked & Roam. Die schaue ich mir immer wieder gerne an und natürlich unsere eigenen. Unsere OMBA-Filme sind immer wieder am Jahresende ein absolutes Highlight unserer Truppe.
Beliebtes Video der OMba-Reubertruppe:
Der OMBA-Portes Du Soleil Mix 2011 Die alten Männer wieder auf Tour! von WilliWildsau auf MTB-News.de
Was war das eindrucksvollste Bike-Erlebnis das du je mitgemacht hast?
Die nicht geschaffte Alpenüberquerung 1997, die dann feucht-fröhlich im Haus in der Nähe von Füssen der Eltern meines Freundes Stefan endete. Da war alles dabei, was ein richtiges MTB-Abenteuer ausmacht und es war für alle Beteiligten etwas ganz besonderes.
Drei Dinge, die du an einem Job magst?
Kundennähe
Werkstattarbeit/Verkauf
Organisation
Und noch viel mehr, da immer wieder neue nette Kunden ins Leben treten und aus alten Kunden Freundschaften sich entwickelt haben
Drei Dinge, die dich an deinem Job nerven?
Da die Fahradbranche eine Hobbybranche ist, kann es schon manchmal ein wenig schwierig sein, da alle Leute kaum Zeit mitbringen, wenn es um Reparaturen geht. Aber manche Dinge gehen halt nicht sofort. Und das Internet kann manchmal auch sehr nervig sein. Ob es Preise sind, die einem Händler das Leben schwer machen oder Menschen, die manchmal, falsche Dinge von sich geben anstatt ein Gespräch mit dem Händler zu suchen und das Problem normal zu klären. Aber im Großen & Ganzen sind es keine großen Dinge, die mich richtig ärgern.
Was wärest du, wenn du nicht als selbstständig für deine Firma Reuber Bike arbeiten würdest?
Starkstromelektiker schon,aber auf jeden Fall nicht bei Thyssen Krupp in Duisburg. Ich hätte bestimmt auch einen Job in Dortmund gesucht und gefunden.
Was hast du dir bike-mäßig für 2012 vorgenommen?
2 Dinge: 1.) Unsere jährliche Vatertagsrunde!!!! Ein Klassiker. Dieses Jahr sind wir mal wieder von der Haustür 80Km & 1800 Hm von Dortmund aus nach Hagen und wieder zurück und fast alles querfeldein gefahren. Wir waren 19 Personen und alle hatten mächtig Spaß. Diese Runde durchgefahren zu sein, war schon mal ein Highlight.
2.) Whistler!
Was ist dein favorisierter Streckentyp?
Schöne Trails bergauf, bergab mit Belohnungsbier zum Schluß!
Was war dein erstes Mountainbike?
Giant Terrago 1500DM und es wird immer noch von meinem Neffen bewegt!
Was war für dich die wichtigste technische Entwicklung im MTB-Sport?
Definitiv Scheibenbremsen.
Dein Lieblingsprodukt aller Zeiten (aus dem Bike-Bereich)?
Ein Nicolai
Was ist die wichtigste Lektion, die das Leben dich gelehrt hat?
Geh freundlich auf die Menschen zu, es lohnt sich..
Was war der wichtigste Ratschlag eines Freundes, den du je bekommen hast?
Geschwindigkeit gibt Sicherheit!
Was führt dich in Versuchung?
Einmal einen schönen Manual fahren! Ich versuche es schon lange und werde nicht aufgeben!
Was macht dich glücklich?
Mein Leben, so wie es ist!
Dein größter Erfolg?
Schritt in die Selbstständigkeit!
Deine größte Angst?
Ein schwerer Unfall eines Kunden.
Dein aktuelle/r Lieblingsfahrer/in unter den Bikeprofis?
Martin Söderström, der junge Mann kann begeistern!
Welche drei Eigenschaften sagt man dir nach?
Wieder mal eine schwierige Frage, da man sie eigentlich anderen stellen müsste. Aber ich versuche es mal:
Sparsamkeit, Kumpeltyp und Fairness.
Die letzten Worte? 🙂
Zum Schluß möchte ich noch einen großen Dank an meine Frau Petra aussprechen, ohne die diese ganze Entwicklung nicht möglich gewesen wäre! Sie ist die gute Seele des Ladens und hat sich über die ganzen Jahre auch einiges an Fachwissen angeeignet und steht immer hilfsbereit an meiner Seite!
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