Als Test- und Technik-Redakteur beim MountainBIKE Magazin hat Rainer Sebal einen Job, den sich sicherlich nicht wenig Biker auch gerne ausüben würden. Wie seine Aufgaben aussehen und auch sonst alles über seinen Werdegang als leidenschaftlicher Mountainbiker erfahrt Ihr im lesenswerten Interview auf mtb-zeit.de!
(Für mehr Größe auf die Bilder klicken)
Hi Rainer – stell dich bitte mal kurz den Lesern vor, die dich und deine Story noch nicht kennen.
Ich heiße Rainer Sebal, bin 33 Jahre alt, komme aus Österreich und fahre seit mehr als 18 Jahren Mountainbike. Nach meinem Studium der Sportgerätetechnik wechselte ich nahtlos zum MountainBIKE-Magazin, wo ich mittlerweile seit über 5 Jahren als Test- und Technik-Redakteur arbeite.
Wie bist du zu deinen Anfangszeiten in die MTB-Szene hineingerutscht?
Das war Anfang der Neunziger, als das Thema Mountainbike bei uns zu Hause so richtig Schwung aufnahm. Mein Bruder und mein bester Freund hatten bereits ein „echtes“ Mountainbike, und ich hatte praktisch keine andere Wahl, als mir auch eins zu kaufen. Mit der Szene kam ich damals vor allem durch die jährlichen Worldcups in Kaprun in Berührung. Dort liefen Altstars wie Missy Giove, Myles Rockwell und Nicolas Vouilloz frei herum und ich war mittendrin, fühlte mich als Teil des Ganzen.
Was hat dich zu der Zeit an dem Sport so fasziniert? Sind das heute andere Dinge?
Ganz zu Beginn hat mich fast ausschließlich das Spiel mit der Geschwindigkeit gereizt. Ich bin nur hoch gefahren, um (für damalige Verhältnisse) möglichst schnell wieder im Tal zu landen – immer am Limit und jederzeit bereit zu stürzen. Mittlerweile hat sich mein Horizont etwas erweitert. Ich liebe vor allem die Vielseitigkeit des Sports: Je nach Lust und Laune fahre ich gemütliche Forstwege, flowige Singletrails oder suche mir fahrtechnische Herausforderungen. Ich erfreue mich auch ganz bewusst an der Natur und nutze den Sport, um fit zu bleiben. Mountainbiken ist zudem ein perfektes Mittel, um alte Freundschaften zu pflegen. Und natürlich kann ich mich für technische Details an den Rädern sehr begeistern.
Du bist bekannt als Redakteur bei der MountainBIKE und sehr versierter Biker – erzähl uns doch mal mehr über deinen Fahrstil!
Ich würde mich als technisch versierten Tourenfahrer bezeichnen. In mein Beuteschema fallen vor allem enge, verblockte Trails, die sich nur in Schrittgeschwindigkeit und durch Versetzen des Hinterrades bewältigen lassen. Ich zähle nicht zu den schnellsten Fahrern, aber es gibt wenige Sektionen, an denen ich (freiwillig) absteige.
Gab es bei dir jemals den Wunsch, MTB-Profi zu werden? Und welche Disziplin wäre dann dein Ding?
Ja, diesen Wunsch(traum) gab es. Ich konnte mich allerdings nie für eine Disziplin entscheiden, und ich weiß auch nicht, ob das Talent gereicht hätte. Ich fuhr gerne bergab und später genauso gerne bergauf, nahm an Marathons, CC-Rennen und Dual-Slaloms teil, probierte mich bei Duathlons sowie Uphill-Rennen und fuhr nebenbei noch Trial und BMX (Flatland). Mittlerweile bin ich froh, dass mir der Stress und die Verzichtsorgie von professionellen Sportlern erspart blieben. Ich kann jeden Sport betreiben, wann ich will und wie ich will und muss mich etwa beim Feiern nicht zurückhalten. Diese Freiheit ist mir mittlerweile wichtiger.
Welche Einflüsse aus der MTB-Szene haben dich am meisten geprägt?
Als Person hat mich Walter Arthofer geprägt. Manche kennen ihn vielleicht noch aus der Backflip-Szene im Film „Feuer Eis und Dynamit“. Ich fuhr damals in seinem Rennteam, und er machte mir nebenbei den Trialsport schmackhaft. Einfluss auf meinen Fahrstil übten auch die Innsbrucker Vertrider, mit denen ich früher ab und zu unterwegs war.
Welche drei Tipps hast du für MTB-Neulinge, die schnell besser werden wollen auf dem Bike?
Kompletten Neueinsteigern rate ich zu einem Fahrtechnikkurs. Weiters empfehle ich mit Freunden zu biken, die bereits etwas besser fahren, und den Fahrstil von Profis genau zu studieren.
Körperliches Training ist neben dem Feilen an der Fahrtechnik auch wichtig. Was an Training mutest du dir heute noch zu?
Ich fahre so oft es geht mit dem Bike zur Arbeit, auch im Winter. Die 17 km pro Strecke helfen mir dabei, eine solide Grundlagenausdauer aufzubauen. Am Wochenende stehen häufig längere Touren an. Aber auch eine anstrengende Testwoche dient der Formsteigerung. Zwischendurch sitze ich schon mal auf dem Rennrad oder mache andere Ausdauersportarten wie Laufen, Skitouren oder Langlauf.
Was sind die Haupttätigkeiten für dich als MountainBIKE-Redakteur?
Ich kümmere mich überwiegend um die „Hardware“-Komponenten wie Bremsen, Gabeln, Schaltungen, Reifen usw. Zusätzlich teste ich natürlich auch Komplett-Bikes und betreue messtechnisch unterstützte Tests und Projekte. Und wenn es die Zeit erlaubt, begebe ich mich auch mal auf größere Bike-Trips oder Rennen, über die ich anschließend berichte.
Manche Biker glauben, die Redakteure säßen die ganze Zeit im Sattel bei Tests, Pressecamps und Reise-Recherchen – wie schneidest du da ab und welcher deiner Kollegen hat am meisten MTB-Zeit im Job?
Der Job ist geil, keine Frage, Schlaraffenland ist es aber keines. Zu den Stoßzeiten, also wenn große Bike- und Parts-Tests anstehen, sitze ich etwa 3-6 Tage pro Ausgabe im Sattel. Die restliche Zeit verbringe ich mit Vorbereiten, Auswerten und Schreiben. Testen bedeutet allerdings auch: raus bei jedem Wetter, egal ob Regen oder Minusgrade. Es gibt auch Monate mit vielen Service- und Theorie-Themen im Heft, an denen ich auch mal gar nicht teste. Durch Press-Camps kommen im Jahr vielleicht noch 6-10 Bike-Tage dazu. Meinen Kollegen geht es dabei sehr ähnlich.
Du interessierst dich auch sehr für die Technik – was ist momentan dein Lieblingstrend?
Oft sind es die kleinen Details, die mich begeistern. Momentan auf Platz eins: Schaltwerke mit gebremstem Käfig wie „Shadow Plus“ oder „Type 2“.
Welche aktuellen Technik-Hypes haben am ehesten Potenzial sich durchzusetzen – vielleicht 650b-Bikes?
Als bevorstehenden Technik-Hype sehe ich den Einsatz von Elektronik am Fahrwerk und wahrscheinlich demnächst auch an der Schaltung. Ich denke, die Systeme bieten in naher Zukunft einen echten Mehrwert und setzen sich durch. Ob sich 650b langfristig etabliert, hängt meiner Meinung von den großen 29er-Herstellern wie Specialized oder Trek ab. Falls diese Firmen es schaffen, Bikes mit Federweg ab 160 mm eine gelungene 29er-Geometrie zu verpassen, dann wird es für 650b eng.
Du bewegst sicherlich viele Bikes aus dem Redaktionskeller – was besitzt du privat für ein Bike und wie oft fährst du es?
Leider komme ich viel zu selten dazu, mit meinen Privatbikes zu fahren, deshalb halte ich den aktiven Fuhrpark klein. Bewegte Bikes im Keller: Rotwild E1, Agresti Custom Made (Stahl-Hardtail). Ältere Bikes: Hitec SLK Freeride, Steppenwolf Taiga, Titus Butt Plug (BMX), Monty (Trialbike)
Wenn du nur ein Bike als Allrounder für einen langen Bike-Urlaub mitnehmen könntest – was wäre das für ein Modell?
Ein leichtes All-Mountain mit 150 mm Federweg.
Wo liegen deine Stärken beim Biken und was zählst du zu deinen Schwächen?
Mir liegen vor allem technisch schwierige Trails und ich kann mich ganz gut lange Anstiege hochquälen – was mich gleich zu meiner ersten Schwäche führt: Sprinten. Zudem gehört die künstliche Hügelwelt, also Dirt und Pumptrack, nicht zu meinem Metier.
Was hast du für deine Terminplanungen für 2013 in Sachen Mountainbiken so vorgesehen – trifft man dich auf größeren Events?
Von 5.-7. Juli bin ich auf jeden Fall bei „Bikes & Beates“ in Saalbach. Dabei handelt es sich um eine komplett neue Veranstaltung von uns, eine bunte Mischung aus Bike- und Musik-Event. Da ist für jeden was dabei und ich denke, das Ding wird abgehen.
Was steht so alles auf deiner “Bike-Erlebnisse, die ich in meinem Leben abhaken möchte”-Liste?
Ich führe keine „To-do“-Liste, mich reizen allerdings Bike-Abenteuer in fernen Ländern sehr. Ich möchte neue Reviere kennenlernen und nebenbei noch fremde Kultur schnuppern.
Fährst du auch andere Rad-Disziplinen z.B. für das Training Rennrad oder auch mal Tricksen auf dem Dirtbike?
Ich fahre noch Rennrad und hopse ab und an in Trial-Manier auf Steinen herum.
Verletzungen bleiben auch im Profi-Bereich ein Thema. Was hast du dir da bisher so zugezogen?
Trotz zahlreicher Stürze – vor allem zu Anfangszeiten – kam ich mit Schürf- und Schnittwunden sowie wenigen Prellungen bis jetzt relativ glimpflich davon.
Wo liegen deine Lieblings-Reviere fürs Biken?
Etwa eine Stunde von Stuttgart liegt Neustadt an der Weinstraße mit vielen flowigen wie technisch anspruchsvollen Trails. Etwas südlicher befinden sich meine Lieblingsreviere Latsch und Finale Ligure.
Welches Erlebnis bei einem Bike-Trip wirst du nie vergessen?
Oh, da gibt es sehr sehr viele, die ich bestimmt nie vergessen werde. Ein etwas kritischer Moment hat sich besonders eingeprägt: Ich fuhr auf einem meiner Haustrails zügig bergab, als ich plötzlich wenige Meter vor mir einen Stacheldraht erkenne, den der umliegende Bauer liebevoll quer über den Weg gespannt hatte. Die Notbremsung zeigte kaum Wirkung, da der felsige Untergrund nass und glitschig war. Ich legte mich mit dem Bike quer und schlitterte Kopf voran Richtung Draht. Mein Glück: Zu dieser Zeit war es gerade schick, auch bei normalen Touren mit Integralhelm zu fahren. Deshalb hakte nicht mein Hals, sondern der Kinnbügel meines „Troy Lee Edge“ am rostigen Stacheldraht ein und riss ihn von den Holzpflöcken. Ich blieb mit Ausnahme leichter Schürfwunden und einem Kratzer im Gesicht unverletzt.
Was war das eindrucksvollste Bike-Erlebnis, das du je mitgemacht hast?
Das Etappenrennen Cape Epic, in positiver wie in negativer Hinsicht.
Welche Sportarten neben dem Biken praktizierst du noch so?
Im Sommer treibe ich mich auch zu Fuß gerne auf Bergen herum, etwa beim Wandern und Bergsteigen, zudem laufe ich wieder regelmäßig. Im Winter stehen Skitouren, Langlauf, Skifahren und bei reichlich Schnee auch Snowboarden auf dem Programm.
Was hast du dir ansonsten Bike-mäßig für 2013 vorgenommen (z.B bestimmte Ergebnisse o. Reiseziele)?
Es gibt noch kein bestimmtes Ziel, ich visiere allerdings den einen oder anderen Enduro-Bewerb sowie ein Langstreckenrennen an.
Was war dein erstes Mountainbike?
Ein Trek Antelope 850. Ich war der erste im Ort mit einer Federgabel und richtig stolz. Unglaubliche 30 mm federte der Trek-Eigenbau, völlig ungedämpft natürlich.
Was war für dich die wichtigste technische Entwicklung im MTB-Sport?
Da gibt es viele. Ich entscheide mich für die Federgabel.
Dein Lieblingsprodukt aller Zeiten (aus dem Bike-Bereich?
Das Shimano-Klickpedal PD-M737. Ich besitze das Ding seit fast 20 Jahren, es wurde noch nie gewartet und dreht sich immer noch einwandfrei auf meinem Ergometer.
Was ist die wichtigste Lektion, die das Leben dich gelehrt hat?
Lebe den Moment! Klingt wie ein Werbeslogan, ist für mich aber die wichtigste Formel für ein glückliches und intensives Leben.
Welchen besten Tipp hast du mal an jemand anderen gegeben?
Ich hatte mal einen 53-Jährigen bei mir im Fahrtechnikkurs, der unbedingt Droppen lernen wollte. Ich führte in Schritt für Schritt ans Ziel. Schlussendlich sprang er mit einem Specialized Demo bewaffnet einen 1,5m-Drop – souverän. Er war danach unglaublich euphorisiert und begeistert, was wiederum mich total begeisterte. Das war mein bester oder die besten Tipps.
Was war der wichtigste Ratschlag eines Freundes, den du je bekommen hast?
Originalton: „Scheiß drauf, Seb!“
Was führt dich in Versuchung?
Schokolade und Berggipfel bei wolkenlosem Himmel.
Was macht dich glücklich?
Schokolade und Partys, bei denen die Gäste ausnahmslos die Tanzfläche rocken.
Dein größter Erfolg?
Es gibt ein paar Podestplätze, aber als meinen größten Erfolg betrachte ich die Meisterschaft „mein Leben“, in der ich mich schon seit längerer Zeit auf Platz eins befinde.
Deine größte Angst?
Meine Lebensfreude dauerhaft zu verlieren.
Dein aktuelle/r Lieblingsfahrer/in unter den Bike-Profis?
Ryan Leech und Danny MacAskill. Ich war etwas gesättigt von den unzähligen Bikevideos – bis zu dem Zeitpunkt, als Ryan Leech in Erscheinung trat und mit seiner Trial-Performance in „Kranked“ ein neues Kapitel aufschlug. Und MacAskill ist für mich das logische Upgrade zu Leech.
Welche drei Eigenschaften sagt man dir nach?
Meine Freundin meint: lösungsorientiert, manchmal dickköpfig und kreativ.
Wie möchtest du gerne in Erinnerung gehalten werden?
Als eingerahmtes Bild auf einer Wand, wo ich freudestrahlend auf einem Berggipfel stehe.
Danke für das Interview Rainer Sebal und weiterhin viel Spaß weiterhin!
Comments are closed, but trackbacks and pingbacks are open.