Seit zwei Dekaden ist Wolfram Kurschat vom Team Topeak-Ergon im deutschen XC-Sport eine feste Größe. Der Uphill-Spezialist hat sich für die Olympia-Saison 2012 verstärkt im Fahrtechnik- und Schnellkraftbereich vorbereitet und ist für das Rennen in London (11. August) zuversichtlich. Im mtb-zeit-Interview erfahrt ihr mehr über “the wolfman”!
Hi erstmal! Für alle die dich nicht kennen – wer ist Wolfram Kurschat?
Familienvater, Akademiker und einer der besten XC Mountainbiker der Welt.
Wie bist du zum Mountainbiker geworden?
Ich war Mountainbiker von Anfang an, also Biker der ersten Stunde: 1989 kaufte ich das erste Bike!
Was war diese erste Mountainbike für ein Modell?
Kettler Alu Bike, danach dann GT!
Und welches MTB-Rennen war deine Rennsport-Premiere?
Ein Rennen im Sauerland – Dorint Cup in Winterberg.
Du hattest dann als jüngerer Fahrer schon enorme Erfolge im Worldcup, hast dir dann jedoch für deine berufliche Weiterbildung eine Auszeit gegönnt – wie kam es zu diesem Schritt?
Ich habe immer schon rechts und links geschaut. Nur ein Rennen zu gewinnen, das gibt mir persönlich nicht viel. Damals hatte ich auf nationaler Ebene alles gewonnen und beim Worldcup reichte es auf Platz sechs, heute liegt meine Motivation darin die Produkte meiner Partner unter Wettkampfbedingungen zu testen und der Entwicklung entsprechendes Feedback zu geben.
Wie sieht das heute aus: Mit wem trainierst du meistens für deine Rennsaison?
Mit Lukas Baum einem Junior!
Wo und was fährst du am meisten wenn du daheim bist?
Mit dem MTB auf den Trails hinter meinem Haus (Anm. d. Redaktion: Neustadt a.d. Weinstraße)
Hast du noch andere Sportarten als Hobby?
Das Training ist sehr multisportorientiert ausgelegt!
Wie lief die 2012er Saison bisher für dich in Sachen Ergebnisse und wie sehen deine weiteren Planungen und Ziele für diese Saison aus?
Bis jetzt war 2012 eigentlich gut: 8 Rennen und 5x Podium und einen Sieg – wir bewegen uns an der absoluten Weltspitze und der Sport ist sehr professionell geworden. Viele Teams stecken eine Menge Geld in diesen Rennzirkus. Einen Sieg habe ich dieses Jahr schon in der Tasche.
Immer wieder ein tolles Gefühl – “the wolfman” ganz oben auf dem Podium!
Als Zuschauer wundert man sich, dass selbst absolute Top-Fahrern wie Sabine Spitz oder Julien Absalon auch in enorm wichtigen Rennen von technischen Defekten ausgebremst werden. Wird der leichtbau zu sehr auf die Spitze getrieben oder wie beurteilst du die Pannen der Stars in diesem Jahr?
Die Strecken sind technisch sehr anspruchsvoll und die Fahrtechnik und die Fitness der Fahrer ist auf einem solchen Niveau, dass in jeder Situation versucht wird Zeit gut zu machen – auch wenn man nur eine Pedalumdrehung in einer schnellen Abfahrt machen kann oder durch Pushen Speed erzeugt werden kann, so wird dies gemacht! Wir bewegen uns an der Grenze der Physik, folglich ist das Limit schnell überschritten und es geht etwas kaputt. Ich habe früher lernen müssen, dass ich etwas ruhiger werde, wenn es in die technischen Abschnitte ging, da es keine Depots gab. Wenn du vor 12 Jahren einen Defekt bei den Worldcups hattest war es aus! Ich arbeite gerade sehr hart daran, diesen Automatismus aus meinem Kopf zu kriegen, doch die Jungen von heute lernen überall Limit zu fahren, da du 2x pro Runde ein Depot hast, wo du wechseln kannst. Wenn du heute ein großes Rennen gewinnen willst, so musst du mit der Einstellung in jede Abfahrt gehen, dass du dein Bike kaputtfahren willst, dann bist du schnell und oft geht es auch gut – dann stehst du auf dem Treppchen.
Die Strecken im XC-Bereich werden immer technischer. Glaubst du, dass eine leichte aber funktionelle Absenkstütze (vom Lenker aus) Vorteile bergab bringen könnte? Brian Lopes hat damit unlängst den XCE-Worldcup in Houffalize gewonnen.
Ich denke die Runden sind zu dynamisch dafür!
Du giltst als Bergauf-König, der bergab bisher oft Zeit verlor. Wie verlief dein Fahrtechnik-Training mit Stefan Herrmann und was konntest du daraus für dich ziehen?
Ich habe gelernt durch unterschiedliche Techniken den Speed in den Abfahrten oben zu halten, kann jetzt lockerer bei hohen Geschwindigkeiten das Bike bewegen und bin besser in den künstlichen Elementen (Sprünge, Drops).
Durch sein Fahrtechniktraining nimmt Wolfram Kurven jetzt schneller als vorher!
Mit Manuel Fumic konkurriert ein ziemlicher Top-Fahrer um die Stellung als bester Deutscher im Worldcup – spornt dich das an oder sind dir solche Bezeichnungen egal?
Ich kenne Manuel sehr gut und wir haben ein sehr gutes Verhältnis – auch er ist ein Ausnahmeathlet und hat ganz besondere Talent, so wie ich diese Stärke am Berg. Letztlich fahren wir die Worldcups, um aufs Podium zu kommen und das haben wir beide schon oft geschafft und auch schon mal zusammen oben gestanden. Bei der Vergabe des Deutschenmeister Titels haben wir das Trikot untereinander oft getauscht, Moritz Milatz gehört auch dazu – wir haben es geschafft die Namen des Mountainbike Sports in Deutschland zu sein: Fumic, Milatz, Kurschat im XC und Platt, Sahm im Marathon, das sind die Stars der Deutschen Endurance-Szene!
Zwischenzeitlich las man über dein Engagement bei dem Sportnahrungshersteller “Nutrixxion” – wie sah diese Zusammenarbeit aus und besteht sie weiterhin?
Auf Grund meiner Erfahrungen aus 20 Jahren Leistungssport und meinem wissenschaftlichen Hintergrund als Pharmazeut/Apotheker bin ich bei vielen meiner Partner beratend tätig was die Produktentwicklung angeht. Nutrixxion war ein Projekt davon.
Du giltst als Perfektionist in Sachen Trainingsplanung und deine langen Einheiten auf der Rolle sind berüchtigt – wie lange hältst du auf dem Rollentrainer aus und welche Methode steckt dahinter?
Wenn jemand von langen Trainingseinheiten spricht ist das immer relativ! 90 – 120 Minuten Programme sind Standard. Wenn das Wetter mal länger nicht mitspielt gab es auch schon 3h Einheiten. Die Planung steht bei mir schon immer im Voraus fürs ganze Jahr fest, das ist mein roter Faden. Das hilft mir dabei nicht zu viel zu trainieren und Schwerpunkte in der Vorbereitung zu setzen was Belastung und Regeneration angeht. So habe ich dann den Kopf frei für die anderen Aufgaben meines Jobs!
Welche Tipps kannst du an Hobby-XC-Fahrer geben, die neben Familie und Job möglichst effektiv für ihre Rennen am Wochenende traineren wollen?
Ich würde die Qualität des Trainings in den Vordergrund stellen und vor allem immer langfristig planen, damit man ausreichend Zeit zur Regeneration hat und nicht auf den letzten Drücker die Formkurve in die Höhe treiben. Denn durch zu viele Trainingseinheiten in zu kurzer Zeit kann man leicht in ein Loch fallen.
Wie sieht ein gewöhnlicher Tag im Leben des Wolfram Kurschats aus?
Ich versuche schnell mein Training zu erledigen. Im Anschluss hänge ich dann meistens drei Stunden am Telefon und PC, um den kommunikativen Teil meines Jobs zu erledigen (Anrufe bei Presse, Entwicklungs- und Marketingabteilungen meiner Partner etc.).
Wolfram und sein Team beim XC-Worldcup in Belgien:
Schnellschüsse:
Was würdest du gerne an dir ändern?
Nichts, ich bin sehr zufrieden …
Was sind deine sportlichen Ziele für 2012?
DM, Olympia, Worldcup Top 10, Marathon WM.
Welches deiner Bikes bewegst du am häufigsten?
Das 29er Hardtail.
Was ist dein favorisierter Streckentyp?
Die modernen angelegten flowigen Kurse machen mir am meisten Spaß.
Was nimmst du auf eine einsame Bike-Insel mit – dein Hardtail oder das Fully?
Das Hardtail!
Waren Bikepark-Besuche für dich jemals ein Thema?
Ich habe die perfekten Trails hinter meinem Haus und bin extra 1997 nach Neustadt an der Weinstrasse gezogen. Bikeparkbesuche nutze ich, um die Elemente der modernen XC Runden zu trainieren, die ich nicht bei mir habe – noch nicht :)!
Hattest du in der Jugend Idole oder Vorbilder im MTB-Sport?
John Tomac.
Was macht dich glücklich?
Meine drei Kinder beim spielen zu beobachten.
Das erste was du morgens nach dem Aufstehen machst?
Eine Tasse Kaffee trinken
Das letzte was du Abends vor dem Schlafengehen machst?
Dem Hund Gute Nacht sagen.
Was war dein bestes Sporterlebnis im Jahr 2011?
Der Kampf um den DM Titel gegen Milatz, den ich mit 11 Sekunden verloren habe – da habe ich mich richtig verausgabt und das Publikum hat eine gute Show gehabt.
Lado Fumic ist…
…einer der bekanntesten Mountainbikeprofis meines Jahrgangs, der mit mir über Jahre an der internationalen und nationalen Spitze um die Plätze auf dem Podium gefahren ist. Ich erinnere mich gerne an die spektakulären Zweikämpfe um den Sieg bei Deutschen Meisterschaften, die das Publikum begeistert haben.
Web: www.wolfram-kurschat.de /// Facebook-Page seines Teams
Interview-Fragen: Marc Brodesser @ mtb-zeit.de
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